Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Kontakt

Prof. Dr. Werner Roos

Telefon: 5525010/1

Naturwissenschaftliche Fakultät I
Institut für Pharmazie
Abt. Molekulare Zellbiologie
06120 Halle (Saale)

Weiteres

Login für Redakteure

Vorlesungsreihe EVOLUTION

Evolution – Im Mittelpunkt der Mensch

Am 19. Oktober starten elf Wissenschaftler, darunter Leiter renommierter Forschungseinrichtungen der Evolutionsbiologie in Deutschland und Österreich, eine neue Serie von öffentlichen Vorträgen. Damit findet die erfolgreiche Reihe „EVOLUTION“ eine Fortsetzung. Es werden attraktive Themenfelder aus der Evolution des Lebens behandelt, die eine gute Ergänzung zur vergangenen Serie darstellen und bereits angesprochene Aspekte mit neuen Perspektiven vorstellen.

Die sich nach Charles Darwin entfaltenden wissenschaftlichen Disziplinen haben seine Idee von der Entstehung, Anpassung und Entwicklung aller Lebensformen zu einer der großen Erfolgsgeschichten der modernen Naturwissenschaft entwickelt. Einige ihrer faszinierenden Aspekte und Probleme haben Wissenschaftler der MLU und kompetente Gastredner bereits in der vorhergehenden Reihe beleuchtet. In der Diskussion mit den zahlreichen Hörern aus allen Gruppen der Universität, aus Schulen und interessierten Bürgern hat sich ein deutliches Votum für eine Fortsetzung ergeben.

Schwerpunkt der neuen Vortragsreihe ist der Mensch. Die Erfolge beim Verständnis der Wandlungsfähigkeit, Individualität und Ähnlichkeit aller Lebensformen sind eine Herausforderung für den Menschen, sich selbst als Objekt von Evolution zu verstehen und zugleich als Gestalter von Evolutionsbedingungen verantwortlich zu handeln.

Die Vortragenden werden Erkenntnisse über die Veränderung des „Modernen Menschen“ in der Auseinandersetzung mit Klimawandel, Krankheitserregern und Stressoren vorstellen und dabei auch Fragen nach der Evolution seiner psychischen und kulturellen Fähigkeiten stellen.

In einem evolutionären „Rückblick“ werden spannende Aspekte der Co-Evolution verschiedener Organismen und eine kritische Bestandsaufnahme der Fossilien folgen. Zum Abschluss der Reihe wird Professor Peter Schuster aus der variantenreichen Chemie der Nukleinsäuren heutige Vorstellungen über die Entstehung der Erbinformation entwickeln.

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Ort: Halle (Saale), Universitätsplatz 10, Auditorium Maximum, HS 23
Zeit: montags, 19.30 Uhr

19. Oktober 2009

Klimawandel und Menschwerdung
Prof. Dr. Volker Mosbrugger, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Frankfurt am Main

Der anthropogene Klimawandel, verursacht vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und eine wachsende Zerstörung der Biosphäre, gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit und wird inzwischen auch in der politischen Arena bis hin zur UNO sehr ernst genommen. Tatsächlich ist dieser anthropogene Klimawandel nur der jüngste Ausdruck einer sehr langen Geschichte der Klima-Mensch-Wechselwirkung. Schon die Entwicklung des aufrechten Ganges hing eng mit einem (natürlichen) Klimawandel zusammen, ebenso die Entwicklung von Werkzeugen und Kultur, die den Menschen mehr und mehr von Klima und Natur unabhängig machen sollten. Mit der neolithischen Revolution greift der Mensch zunehmend aktiv in das Klimasystem ein, was schließlich zur aktuellen Problematik des anthropogenen Klimawandels führt. Eine historische Betrachtung dieser dynamischen Mensch-Klima-Wechselwirkung führt zu einem realistischeren, evolutionären Selbstverständnis des Menschen, aber auch zu einer differenzierten Sicht des anthropogenen Klimawandels.

2. November 2009

Evolutionsbiologie und Gesellschaft – Erkenntnisse, Missverständnisse und Missbrauch
Prof. Dr. Uwe Hossfeld, Friedrich Schiller Universität Jena, Biologisch-Pharmazeutische Fakultät  

Nun ist es da – das Darwin-Jahr 2009 – und nach 1909 bzw. 1959 schickt sich die internationale scientific community und breite Öffentlichkeit wieder an, dieses Jubiläum würdig zu begehen. Als einer der frühesten Anhänger und streitbarsten Verfechter der Darwinschen Evolutionstheorie stellt der Jenaer Zoologe Ernst Haeckel eine Zentralfigur in der Frühgeschichte des Darwinismus dar. Doch sein Name steht nicht nur als Symbol für die Auseinandersetzungen um den Entwicklungsgedanken und dessen Popularisierung in seiner Zeit, sondern auch für ein aktives Eintreten für den von ihm postulierten Monismus. Die enge und stete Verknüpfung von Wissenschaft, Weltanschauung, Religion und Künstlertum geben und gaben seinem Wirken ein charakteristisches Gepräge, boten zugleich aber auch Möglichkeiten für kontroverse Interpretationen, Angriffe und politisch-ideologische Vereinnahmungen unterschiedlichster Art. Insbesondere seine materialistischen, lamarckistischen, rassenhygienischen und monistischen Auffassungen führten im 19. und besonders 20. Jahrhundert bei einer Reihe von Politikern und Wissenschaftlern in verschiedenen gesellschaftlichen Systemen dazu, diese in ihrem Sinne zu interpretieren. Der Vortrag wird am Beispiel der Haeckelrezeption dieses Umfeld (Evolutionsbiologie und Gesellschaft) bis in die heutige Zeit näher beleuchten.

16. November 2009

Der Apfel vom Baum der Erkenntnis und die Vertreibung aus dem Paradies über die Evolution von Moral
Dr. Gerhard Medicus, Psychiatrisches Krankenhaus in Hall in Tirol und Universität Innsbruck

Mit der Zunahme des Wissens in den Naturwissenschaften erweitern sich die Gestaltungsmöglichkeiten des Menschen. Dies wirft neue Fragen auf und stellt gängige Moralvorstellungen in Frage. Herausforderung der Humanwissenschaften im Allgemeinen und der Ethik im Besonderen wird es sein, zu prüfen, wie der Mensch seine Freiheit und die Gestaltungsmöglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen, in den Dienst des Weiterbestandes der Erde und der weiteren Entwicklung zivilisatorischer Errungenschaften und der Kulturen stellt. Im Begriff „evolutionäre Ethik“ drückt sich der Anspruch aus, verschiedene wissenschaftliche Denkstile zu berücksichtigen und sie zusammenzuführen. Unser „Können“ und „Wollen“ unterliegt sowohl stammes- als auch lebensgeschichtlichen Einflüssen. Eine praktikable Ethik muss deshalb möglichst differenziert viele unterschiedliche Perspektiven zu Hilfe nehmen und unter Berücksichtigung der Ergebnisse verschiedener Wissenschaften ausverhandelt werden. Im Sinne einer pluralistischen Ethik wird sie dabei individuelle und kulturelle Spielräume zugestehen.
http://homepage.uibk.ac.at/~c720126/humanethologie   

7. Dezember 2009

Darwins Problem: Die Evolution der Sexualität und ihre Konsequenzen
Prof. Dr. Karl Grammer, Universität Wien, Institut für Humanbiologie

Die Erfahrung von Liebe hat in unserer Kultur eine Schlüsselbedeutung und ist ein thematischer „Dauerbrenner“, der unsere Gesellschaft in vielen Bereichen durchzieht und an Wichtigkeit anscheinend immer mehr zunimmt. „Liebe“ ist ein vielschichtiger Komplex, der von der Mutterliebe, über Freundschaft bis zur sexuellen Anziehung und zur Paarbindung reicht. Dieser Komplex ist aber auch vor dem Hintergrund des biologisch-physiologischen Programms der Reproduktion und damit aus einer evolutionspsychologischen Perspektive zu verstehen. Bindung, Hingabe, Leidenschaft, Trauer bei Trennung und Eifersucht sind nur einige wenige der Gefühle und Emotionen, die für die Beschreibung von Liebe benutzt werden. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist Liebe zunächst ein hypothetisches Konstrukt mit vielen möglichen Dimensionen und Interpretationen. Die verschiedenen emotionalen Zustände und Verhaltensweisen, die mit Liebe assoziiert sind, waren jedoch selten Ziel empirischer wissenschaftlicher Untersuchungen. Dies liegt auch daran, dass Liebe als Domäne der Dichter und Schriftsteller betrachtet wird, und dass vermutet wird, dass diese Domäne jenseits wissenschaftlicher Beschreibungsmöglichkeiten liegt. In diesem Zusammenhang wird die Evolution der Sexualität, die für Darwin eine Rätsel darstellte, und deren Konsequenzen als Ausgangspunkt für die naturgeschichtliche Entstehung von Liebe herangezogen.

18. Januar 2010

Wie viel Zufall braucht die Evolution?
Prof. Dr. Wilfried Grecksch, Martin-Luther-Universität, Institut für Mathematik

1. Februar 2010

Unser Wettlauf mit den Infektionen – pathogene Mikroben als Evolutionsfaktoren
Prof. Dr. Werner Roos, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Pharmazie

Alle höheren Organismen leben in enger Beziehung mit Mikroben, die als Helfer (z. B. beim Verdauen der Nahrung) oder Krankheitserreger (pathogene Bakterien, Pilze und Viren) fungieren. Die Pathogene des Menschen durchlaufen eine stetige evolutionäre Anpassung an die molekularen Mechanismen seines Stoffwechsels, Signaltransfers und seiner Vererbung. Umgekehrt war und ist die Auseinandersetzung mit lokalen Pathogenen ein entscheidendes Selektionskriterium für die Entwicklung des Modernen Menschen. Die Co-Evolution und Wechselbeziehung von Mensch und Pathogen widerspiegelt sich u. a. in der Geschichte und Gegenwart spektakulärer  Infektionskrankheiten wie Cholera, Malaria, Grippe oder AIDS. Die enorme Evolutionsrate von Viren und Bakterien zwingt uns in einen aufwändigen Wettlauf zwischen Resistenz und Neuschaffung von antiinfektiven Arzneimitteln. Kann uns die Evolutionsbiologie einen Ausweg aufzeigen?

15. Februar 2010

Entwicklung und Immunbiologie von Tumorzellen – Evolution im Zeitraffer
Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,  Universitätsklinikum, Klinik für Innere Medizin

In den vergangenen Jahren haben wir viel über die Entstehung von Tumoren gelernt. Manche Tumoren folgen einer „konservativen“ Evolution aus relativ harmlosen Vorstufen, aus denen durch Mutation und Selektion – in für Evolutionsverhältnisse ausgesprochen kurzen Zeiträumen von Monaten bis Jahren – bösartige Tumoren entstehen. Diese Entwicklung zum Tumor läuft sehr zielgerichtet und letztlich auch sehr effektiv, trotz der Tatsache, dass der Organismus versucht, sich gegen entstehende Tumoren zur Wehr zu setzen. Eine ähnliche Evolution und Selektion findet auch statt, wenn der Tumor Absiedelungen, Metastasen bildet. Auch hier setzen sich wenige, speziell ausgestattete Zellen über viele für normale Zellen nicht tolerable Bedingungen hinweg und können schließlich erfolgreich fern vom Ausgangstumor Absiedelungen bilden. Barrieren wie Sauerstoffarmut, Organgrenzen oder die Immunabwehr werden scheinbar mühelos überwunden. In jüngster Zeit wurde eine weitere Klasse von Tumorzellen, die sogenannten „Tumor-induzierenden Stammzellen“ entdeckt. Dieser Tumorzelltyp beinhaltet sozusagen die gesamte Evolution in einer Zelle: Zum einen besitzt er Stammzelleigenschaften, kann sich also selbst unbegrenzt erneuern und bleibt undifferenziert, zum anderen differenziert ein bestimmter Prozentsatz dieser Zellen zu „reifen“ Tumoren. Wir gehen aktuell davon aus, dass von Stammzellen erzeugte Tumoren besonders ungünstig zu behandeln sind, da insbesondere der Stammzellanteil sich den meisten Therapiestrategien entzieht. Moderne Therapiestrategien zielen darauf ab, die Evolution des Tumors zu stoppen und zwar durch den Angriff auf tumorspezifische, im Rahmen der Tumorevolution erworbene Faktoren, die dem Tumor einen Überlebensvorteil sichern.

8. März 2010

Überleben mit Duft und Nektar: Co-evolution von Pflanzen und Insekten
Prof. Dr. Wilhelm Boland, Max Planck Institut für Chemische Ökologie, Jena

29. März 2010

Was ist und was leistet Epigenetik für die Evolutionsbiologie?
Prof. Dr. Gunter Reuter, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Biologie

„Ein Genom = viele Epigenome“ ist die Grundformel der ontogenetischen Entwicklung. Sie veranschaulicht, dass von den im Genom festgelegten Entwicklungsprogrammen je nach Ort und Zeitpunkt in jeder Zelle das genau passende Spektrum an Genaktivitäten etabliert wird. Dieses Programm wird dann stabil auf die Tochterzellen weitergegeben. In den letzten Jahren konnten molekulare Grundprozesse der epigenetischen Programmierung aufgeklärt werden. Es steht nun die Frage, ob epigenetische Programmierung auch ein wichtiger Evolutionsfaktor ist. Der Unterschied in der DNA Sequenz zwischen Mensch und Schimpanse beträgt nur wenige Prozent und doch unterscheiden sich beide Organismen in ihren Leistungen erheblich. Sind es Unterschiede in der epigenetischen Programmierung? Können Umwelteinflüsse zu Veränderungen in der epigenetischen Programmierung führen und diese dann gar auf die Nachkommen „vererbt“ werden?      

12. April 2010

Invasive Pflanzen – anthropogen verursachte Unfälle oder Sprünge der Evolution ?
Prof. Dr. Isabell Hensen, Martin-Luther-Universität, Institut für Biologie, Bereich Geobotanik

10. Mai 2010

Evolution ohne zelluläre Strukturen – Szenen aus einer RNA-Welt
Prof. Dr. Peter Schuster, Universität Wien, Institut für Theoretische Chemie

31. Mai 2010

Darwins “missing links” die Botschaft der Fossilien
Prof. Dr. Hans-Ulrich Pfretzschner, Universität Tübingen, Institut für Geowissenschaften

(Vortrag wurde wegen Erkrankung des Referenten vom 12. April auf den 31. Mai verschoben)

Charles Darwin entdeckte, dass die Tier- und Pflanzenarten durch schrittweise Veränderungen aus früheren Arten hervorgegangen sind. Wenn dem so ist, müssten sehr viele Übergangsformen zwischen den bestehenden und den fossilen Arten gelebt haben oder noch leben. Andererseits scheinen die meisten dieser Bindeglieder (engl. links) unbekannt zu sein. Also wo sind diese „missing links“ – die fehlenden Bindeglieder? Woran erkennt man ein Bindeglied? Sind bereits Bindeglieder bekannt und wo und wie findet man neue? Wie sind Bindeglieder zu bewerten? Ist Archaeopteryx wirklich der Urgroßvater aller heutigen Vögel? Diese und andere Fragen werden anschaulich an Hand von zahlreichen Beispielen aus dem Fossilbericht erläutert.

Koordination der Vortragsreihe und Kontakt:
Prof. Dr. Werner Roos
Martin-Luther-Universität, Fakultät Biowissenschaften
Institut für Pharmazie, Molekulare Zellbiologie
06120 Halle, Kurt-Mothes-Str. 3
E-Mail:

Zum Seitenanfang